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Der Tod als Lehrmeister

Viele Menschen haben Angst vorm Tod. Vor meinem eigenen Tod fürchte ich mich nicht, jedoch hat lange Zeit der Gedanke an den Tod meiner Liebsten sehr starke Verlustängste und tiefe Traurigkeit hervorgerufen. Diese Erlebnisse haben mich dazu veranlasst, möglichst alle persönlichen Kontakte zu mir nahestehenden Personen stets so abzuschließen, dass ich für den Fall eines plötzlichen Versterbens nicht das Gefühl hätte, wir seien unschön oder mit ungelösten Themen auseinander gegangen. Sowas kann ja bekanntlich lange an einem nagen.
Der Tod als Lehrmeister
Wie kannst du den Tod zu deinem Lehrmeister machen?

immeWenn wir uns unserer Endlichkeit und auch jener Menschen, die uns lieb und teuer sind, bewusst werden, kann dass beklemmende Gefühle und Angst auslösen. Viele vermeiden daher die bewusste Auseinandersetzung mit dem Tod. Umso härter trifft es sie dann, wenn sie aufgrund eines Unfalls, einer (vermeintlich) tödlichen Erkrankung wie Krebs oder eines Herzinfarktes mit dem Tod und ihrer Endlichkeit konfrontiert werden. Ich habe schon öfter erlebt, wie Menschen nach einem solchen Ereignis ihre Lebensführung und ihre Prioritäten in Frage gestellt haben.

Viele beginnen nach einem solchen Erlebnis damit, egoistischer zu werden, weniger pflichtbewusst z.B. gegenüber dem Arbeitgeber zu agieren oder weniger Zeit für Menschen und Aktivitäten zu opfern, die sie als Energievampire erleben. Andere beginnen bewusst mehr Zeit mit ihren Liebsten und ihren Hobbies zu verbringen. In jedem Fall verschieben sich die Prioritäten im außen.

Leider konnte ich auch beobachten, wie ausschließlich auf dieser äußeren Ebene, sprich am Zeit- und Selbstmanagement gearbeitet wurde. Jedoch nicht an den zugrundeliegenden Mustern, die die Menschen überhaupt erst so aufopfernd und pflichtbewusst haben werden lassen. Ohne sich diese Muster bewusst anzuschauen und diese bei Bedarf durch neue, günstigere zu ersetzen, werden die Betroffenen immer wieder in diese alten, erprobten Muster zurückfallen. Denn das System kennt ja keine Alternativen.

Sprich es kostet diese Menschen oft sehr viel Anstrengung und gelingt auch nicht immer, ihren neuen Prioritäten treu zu bleiben. Oft genug lügen sie sich selbst in die Tasche und rechtfertigen sie Verhalten, das noch immer alten Mustern entspricht, denen sie ja eigentlich abgeschworen haben. Sie tun dies, weil es unglaublich frustrierend ist, immer wieder am selben Thema zu scheitern. Das würde sich über kurz oder lang negativ auf den eigenen Selbstwert auswirken und da hat unsere Psyche einen eigenen Schutzmechanismus eingebaut, um das möglichst zu verhindern.

Sprich Betroffene reden sich ein, ihr Leben anders, besser zu gestalten, doch in Wahrheit geraten sie immer wieder in die selben alten, ungünstigen Spiralen. Sie kämpfen nur vehementer dagegen an und reden sich vieles schön. Teilweise wird ihr Leben dadurch besser und nimmt die Gestalt an, die sie sich für sich wünschen. Doch all zu oft eben nur bei hoher Anstrengung und nicht nachhaltig.

„Nur wer bereit ist zu sterben, kann total leben.“

– Sadhguru
Alte Muster austauschen oder updaten

Wenn du dich also bewusst mit deiner Sterblichkeit auseinandersetzt, schau dir auch an, welche Muster dich zu dem Verhalten geführt haben, welches dich in die „tobbringende“ Negativspirale geführt haben. In dem Moment, wo du etwas bereuen würdest, solltest du morgen nicht mehr auf dieser Welt sein oder einer seiner Liebsten plötzlich versterben, lebst du noch kein wahrhaftiges und erfülltes Leben. Sondern opferst dein Leben einem Zweck, der dir in deinem Herzen nicht wichtiger ist als deine Lebensfreude. Auch wenn es dir im Außen oft noch so vorkommt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als das, wofür du dein Leben opferst.

Vielleicht denkst du auch, du hast ja noch so viel Zeit, die du dann mit den freudvollen Dingen des Lebens verbringen kannst. Spoiler: Zum einen weiß niemanden, wie lange er noch auf dieser Welt ist. Zum anderen ist bei einem freulosen Leben sehr wahrscheinlich, dass du nicht besonders fit und gesund alt wirst. Und auch das rächt sich im Alter, wenn du dann ach so viel Zeit haben wirst. Zeit ja, aber nicht die Energie, die Kraft oder die Schmerzfreiheit, um das Leben in vollen Zügen zu genießen. Das traurigste Beispiel, dass ich je miterleben musste, war ein sehr pflichtbewusster Arzt, der kurz vor seiner Pension sehr schwer erkrankte und den Antritt seiner Pension nicht mal mehr erlebte. Wer über Jahre hinweg Raubbau an seinem Körper betreibt, darf sich nicht wundern, dass sich das irgendwann rächt. Bei den einen früher und deutlich spürbar, bei anderen erst später und lange Zeit ignorierbar.

Um alte Muster zu erkennen, sie auszutauschen oder ihnen ein Update zu verpassen, kann es hilfreich sein, sich professionelle Hilfe zu nehmen. LebensberaterInnen unterstützen dich dabei sehr gerne. Gemeinsam geht das oft effektiver und schneller.

 

Blockiere dich nicht selbst bei der Umgestaltug deines Lebens durch Beibehaltung alter, ungünstiger Muster. Das bremst dich nur unnötig aus und macht dir das Leben ungemein schwer.
Wie nutzt du die dir verbleibende Lebenszeit?
 fürmDer Tod auf deiner Schulter

Generell habe ich mir angewöhnt, mich nahezu täglich zu fragen, ob heute ein guter Tag gewesen wäre, wenn ich den morgigen Tag nicht mehr erlebe. Ich habe also den Tod auf meiner Schulter sitzen und erinnert mich daran, das heute mein letzter Tag sein könnte. Habe ich diesen Tag also so gelebt, dass ich zufrieden und glücklich abtreten könnte? Wenn ich diese Frage nicht mit einem klaren JA beantworten kann, reflektiere ich den Tag und finde heraus, was mich davon abgehalten hat, wahrhaftig und ein erfülltes Leben zu führen.

Das mag makaber klingen, ist jedoch sehr sehr heilsam und eine der effektivsten Selbstführungs-Tools, die ich kenne. Es gibt eine Menge Übungen, die du machen kannst, um dich mit deinem Tod und dem Leben, wie du es dir bis dahin vorstellst, näher zu beschäftigen und herauszufinden, was der Sinn deines Lebens ist, was das Leben für dich lebenswert und erfüllend macht. Ein paar meiner Lieblingsübungen möchte ich dir im Folgenden vorstellen.

Übungen zur Bewusstmachung deiner Endlichkeit
  1. Grabrede: Schreib deine eigene Grabrede. Was würden dir nahestehende Menschen, Menschen, die mit dir gemeinsame gearbeitet haben, über dich sagen. Wer warst du? Was hat dich ausgemacht? Wofür werden sie dich in Erinnerung behalten? Was hast du dieser Welt hinterlassen?
    Lass dich dazu gerne bei einem Spaziergang auf einem Friedhof inspirieren. Das erzeugt nochmal eine ganz eigene Atmosphäre, die dieses Szenario für dich greifbarer macht. Du kannst dir gerne auch überlegen, was auf deinem Grabstein stehen würde. Eine Art Credo deines Lebens. Ein Satz, der beschreibt, wer du warst und wie du gelebt hast.
  2. Wenn du das nächste Mal bei IKEA bist, nimm dir einen von den Maßbändern aus Papier mit. Oder schneide dir ein 1m langes Stück Schnurr zurecht. Diese Hilfsmittel stellen deine Lebenslinie dar. Wenn du ein Mann bist, gehe von einem Durchschnittsalter von 79 Jahren aus, als Frau von einem Durchschnittsalter von 84 Jahren. Je nach dem wie gesund zu lebst und wie fit du heute beinand bist, kannst du an diesem Lebensalter noch feilschen. Verkürze es bewusst um die Jahre, von denen du denkst, dass du sie aufgrund deines Lebenswandels einbüßen wirst. Oder verlängere sie, wenn du davon überzeugt bist, dass du klar deutlich älter wirst. Schneide nun so viel von deiner Lebenslinie weg, dass dein Lebensalter in cm übrig bleibt.
    Im nächsten Schritt schneidest du von der anderen Seite dein aktuelles Lebensalter in cm weg. Denn diesen Lebensweg bist du bereits gegangen, der ist unwiderbringlich vorbei. Übrig bleibt der Rest deines Lebens. Mach dir bewusst, wie wenig Zeit dies ist und horche in dein Herz, wie du diese kostbare Lebenszeit wirklich verbringen möchtest. Lass dich dabei gerne auch von Übung 1 inspirieren.
  3. „War heute ein guter Museumstag?“
    Wenn du das Buch „The Big Five for Life“ von John Strelecky gelesen hast, kennst du diesen Satz bereits. Mit dieser Reflexionsfrage überprüfen die Helden dieses Romans jeden Tag, wie sie ihren Tag genutzt und gelebt haben. Sie gehen in ihrem spielerischen Ansatz, den ich sehr mag, davon aus, dass jeder Mensch am Ende seines Lebens Museumsführer im Museum seines eigenen Lebens wird. Sprich jeder von uns führt Tag ein Tag aus andere Menschen durch Räume im eigenen Museum des Lebens, welche zeigen, wie wir das Leben gelebt und wofür wir es genutzt haben. Es zeigt uns, wie wir durch den Tag gehen, mit welcher Ausstrahlung, Einstellung, Mimik und Sprache. Es zeigt und bei unseren Aktivitäten und in Interaktion mit anderen. Jeder Lebensbereich, jedes Lebensalter wird in diesem Museum gezeigt. Absolute Transparenz. Wenn du dir heute deinen Tag anschaust, wäre er ein guter Museumstag, ein Tag, von dem du gerne den Museumsbesuchern berichten möchtest?

Es gibt noch einige andere tolle, sehr erhellende Übungen, die – Warnung – aber meistens auch sehr aufrüttelnd und emotional sind. Die hier erwähnten kannst du gut alleine machen. Für andere macht es Sinn, diese unter Anleitung z.B. eines Lebensberaters oder einer Lebensberaterin durchzuführen. Ich mache derartige Übungen regelmäßig für mich selbst, etwa einmal pro Jahr als eine Art Jahresreflexion. Für mich ist das wie Bilanz ziehen. Wie nah bin ich an meinem idealen Leben, an meinem ideal gelebten Ich dran? Und damit meine ich nicht, ein top optimierstes Stück Fleisch auf zwei Beinen, sondern wie wahrhaftig und erfüllend ich mein Leben gestalte. Widme ich mich den Dingen, die mir wirklich wichtig sind oder die zur Realisierung dieser erforderlich sind? Folge ich der Freude? Habe ich das Gefühl, einen sinnstiftenden, wertvollen Beitrag geleistet zu haben (übrigens eine meiner liebsten Journalingfragen)?

Ich hoffe, dass du dich von der Schwere dieses Themas nicht hast abschrecken lassen. Und wünsche dir von Herzen, dass auch du einen Weg findest, wie du den Tod zu deinem ganz persönlichen Lehrmeister machen kannst. Kleine Warnung: Die Ergebnisse dieser Gedankenspiele können lebensverändernd sein.

Alles Liebe
Deine Susi, das Stehaufweibchen

 

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